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Der rote Diamant

von Lasse Nadolny

Am 21. Oktober 2120 kam eine elegant gekleidete Dame in das Büro des berühmten Detektives Merlin Bones. Bones saß in seinem schwebenden Sessel. Als es klingelte, drehte sich der Sessel um und sank zu Boden. Bones stand auf und öffnete die Tür. Als die Dame hineinkam, machte Bones eine kleine Verbeugung und bot ihr an, sich in einen Sessel zu setzen. Die Dame nahm Platz und erläuterte Bones, weshalb sie gekommen war: „Mein Name ist Gertrud von Kruchain und in meiner Villa auf dem Mars hat sich gestern etwas ganz Schlimmes abgespielt. Also, ich kam gestern vom Einkaufsbummel zurück und da hörte ich, dass jemand in der Villa war. >Wer ist da? < fragte ich. Und mir wurde geantwortet…“

„Ich verstehe nicht, was daran so schlimm ist“, sagte Bones. „Naja ich habe einen Butler falls sie das meinen, aber der war gerade bei seiner Tante auf dem Jupiter“, sagte die Frau. „Außerdem klang die Stimme, die mir antwortete, ganz anders, als die meines Butlers“, antwortete Mrs. Kruchain. „Wie klang denn die Stimme und was hat sie gesagt?“, wollte Bones wissen. „Um ehrlich zu sein waren es zwei Stimmen“, sagte Mrs. Kruchain. „Die eine war hell und piepsig wie die einer Maus. Das war die Stimme, die gelacht hat. Die andere Stimme war eine männliche Stimme und sie sagte >Wenn Sie der Polizei etwas sagen, sprengen wir das Haus in die Luft. <, daraufhin lachte die andere Stimme noch einmal und dann war nichts mehr zu hören.“ Die Frau holte tief Luft. „Als ich in den Salon kam, war eine meiner Vitrinen mit Edelsteinen zerstört und zwar die mit dem roten Diamanten.“ Sie seufzte laut. „Der – sagenhafte – rote – Diamant?“, fragte Bodo, der Hilfsroboter von Bones mit seiner blechernen Stimme. „Der Stein ist zwanzig – Millionen – Euro – wert. Und – der – einzige – bekannte – rote – Diamant?“ Mrs. Kruchain nickte: „Ja, genau der ist es.“ Sie zwirbelte ihr blondes Haar um ihren Zeigefinger: „Nehmen Sie den Fall an Mr. Bones? Man hört viel Gutes über Sie, deshalb bin ich auch zu Ihnen gekommen. Außerdem wäre das Honorar, wenn Sie es schaffen, nicht gerade klein. Sagen wir zehntausend Euro.“ Bones antwortete: „Ich denke, ich werde den Fall annehmen.“ Mrs. Kruchain lächelte ihm dankbar zu und verließ das Haus.

„Was hältst du davon Bodo?“, fragte Bones. „Das – ist – ein – sehr – heikler – Fall“, antwortete Bodo. „Die – Täter – mussten – wissen, – dass – an – diesem – Tag – niemand – in – der – Villa – war.“ „Da stimme ich dir zu Bodo“, meinte Bones. „Erinnerst du dich noch an Jake den Mörder?“ „Jaja“, antwortete Bodo. „Der – könnte – das – gewesen – sein. Aber – wer – war – die – andere – Stimme?“ Bones überlegte: „Eine gute und berechtigte Frage! Dann lass uns erst einmal zur Villa Kruchain fliegen.“ „Famose Idee“, antwortete Bodo.

„Hmm ja, aber erst Morgen. Es ist schon spät“, sagte Bones. „Also – ich – muss – nicht – schlafen – und – nichts – essen“, erwiderte Bodo. „Doch musst du. Habe ich in dich einprogrammieren lassen!“, lachte Bones. „Oh – Nein. Ach – ich – fühle – mich – schon – müde!“ Bones lachte.

Am nächsten Morgen brachen Bones und Bodo um 11 Uhr auf zum Weltraum-Flughafen. Nachdem sie dort in ein Spaceshuttle gestiegen waren, landeten sie nach drei Stunden auf dem Mars und fanden dort die Villa von der Gräfin. Das war auch nicht sonderlich schwer, denn die Villa war das größte Haus auf dem Mars (naja es gab eigentlich auch nur drei Häuser dort). Als sie vor der Tür standen, zogen sie die Klingel. Irgendwo, tief im Haus läutete eine mächtige Glocke.

Kapitel 2:

Die Villa und der Brief

Als die Klingel läutete, kam sofort ein alter, gebrechlich aussehender Mann aus der Tür und bat Bones und Bodo sehr freundlich in das Haus hinein. Nachdem sie eingetreten waren, fanden sie sich in einem länglichen Flur wieder. Auf dem Boden dieses Flures lag ein langer roter Teppich mit hübschen Stickmustern. „MADAM!“, rief der alte Mann, der Bones und Bodo hineingebeten hatte.

Bones‘ Klientin kam durch eine der Seitentüren und bat sie in einen großen runden Raum. Den Salon. Er war vollgestellt mit Vitrinen, in denen Schmuck und Edelsteine lagen. Mrs. Kruchain bat Bones und Bodo an, sich in einen der gepolsterten Chintz-Sessel zu setzen. Sie rief nach dem Butler. Er sollte ihnen ein paar Kekse und sie Zeitung bringen. Als die Zeitung auf dem Tisch lag und Bones und Bodo sich ordentlich mit den leckeren, selbstgebackenen Keksen von Mrs. Kruchain vollgestopft hatten, nahm sich Mrs. Kruchain die Zeitung, zeigte sie Bones und sagte: „Mr. Bones, wissen Sie, wie der Fall den Sie bearbeiten, in die Zeitung gekommen ist?“ „Nein!“, antwortete Bones erschrocken. Mrs. Kruchain schien den Tränen nahe zu sein und mit einem hysterischen Schluchzer sagte sie: „Mr. Bones, jetzt ist die Polizei alarmiert und der Dieb wird denken, dass ich das getan habe!“, sie schluchzte erneut. „Um ehrlich zu sein, denkt er das schon. Sehen Sie, was ich heute Morgen in meinem Briefkasten fand.“ Sie überreichte Bones einen Brief. Darin stand:

Mrs. Kruchain,

Ich habe sie davor gewarnt, die Polizei zu alarmieren. Das werden Sie bitter bereuen.

gez. ekaJre dredröM

„Wer – bitte – soll – den – Brief – unterzeichnet – haben???“, fragte Bodo, „ekaJre – dredröM??? Wer – soll – das – denn – sein?“ „I – Ich weiß es nicht“, rief Mrs. Kruchain in Tränen aufgelöst. „In der Tat sehr interessant“, meinte Bones. „Wir werden aber morgen wiederkommen“, sagte er, nahm Bodo und ging.

Als Bones und Bodo wieder zu Hause waren, fingen sie gleich an zu überlegen, wer den Brief geschrieben haben könnte. „Es ist durchaus möglich, dass wir den Täter schon kennen, aber es ist genauso wahrscheinlich, dass wir den Täter noch nicht kennen“, sagte der aufgeregte Bones zu Bodo.

„Hmm – ja – da – hast – du – Recht…“, sagte Bodo.

Kapitel 3:

Der Dieb

Als Bones und Bodo sich am nächsten Tag zur Villa von Mrs. Kruchain aufmachten, herrschte eine seltene Stille zwischen den beiden. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und überlegte, wer der Täter sein könnte. Als die beiden wieder bei Mrs. Kruchain im Salon saßen, fing Bones sofort an zu reden: „Ich denke, ich weiß wer der Täter ist.“ Mrs. Kruchain zog scharf die Luft ein. „Wer denn???“, wollte sie wissen. „Nun ja“, sagte Bones. „Ich denke mir, dass Bodo und mir der Täter schon bekannt ist!“ „Jaaah?“, fragte Bodo verwundert. „Na sicher doch“, sagte Bones. „Erinnerst du dich noch an Jake den Mörder? Er nennt sich Jake der Mörder. Umgekehrt also ekaJ red redröM. Und wenn man nun das ,re‘ von red an das ekaJ hinten dranhängt und das ,d‘ an das redröm vorne dranhängt, dann hat man ekaJre dredröM.“ „Genial!“, rief Bodo aus und machte einen Freudesatz in die Luft. Nachdem dieses Mysterium geklärt war, suchten Bodo und Bones nach Jake dem Mörder. Nach ungefähr zwei Tagen fanden sie eine Spur, die zum Planeten Neptun führte. Bones rief seinen Freund Eylopps, den Raumschiffkonstrukteur, an und sagte ihm, dass sie sofort ein schnelles Raumschiff brauchten. Eylopps meinte, dass das Raumschiff in einem Tag fertig wäre. Am nächsten Morgen rief Bones noch einmal bei Mrs. Kruchain an und informierte sie über den Stand der Ereignisse. Danach fuhren Bodo und Bones zu Eylopps‘ Raumschifffabrik, stiegen in das Raumschiff ein und flogen zum Neptun. Als sie auf dem Parkplatz der Intergalaktischen Kommission (in der Bones ein gern gesehener Gast war) gelandet waren, wurden sie freundlich vom Intergalaktischen Rat begrüßt und wurden angewiesen, Platz zu nehmen. „Also, mein bester Bones“, fing der Ratskanzler an, „was ist es dieses Mal? Ein Diebstahl? Ein Mord?“ „Ein Diebstahl“, antwortete Bones mit ruhiger Stimme. „Ist ihnen in den letzten Tagen irgendjemand aufgefallen, den sie hier noch nie gesehen haben?“ „Jaja, in der Tat“, meinte der Ratskanzler und kratzte sich an der Nase.  „Ein maskierter Mensch und eine übernatürlich große Maus sind hier gestern in Richtung Raumschiffhalde davongelaufen.“ „Eine übernatürlich große Maus?“, fragte Bones. „Meinen Sie eine Riesenspringmaus vom Mars oder ein…?“ Der Ratskanzler antwortete: „Nein natürlich keine Riesenspringmaus vom Mars, die sind ja so groß wie Elefanten. Diese Maus war etwas kleiner. Etwa so groß wie ein Kind.“ „Oh nein“, stöhnte Bones, „meine schlimmsten Befürchtungen werden wahr.“ „Was – ist – denn – deine – schlimmste – Befürchtung – gewesen?“, fragte auf einmal wieder die blecherne Stimme von Bodo. „Nicht hier Bodo“, meinte Bones, „wir brechen sofort zur Raumschiffhalde auf und unterwegs erzähle ich dir alles.“ Sie rannten los in der Hoffnung, sie würden noch rechtzeitig ankommen. „Also?“, fragte Bodo erneut. „Es ist ein Yingelwingel1“, meinte der vor Anstrengung keuchende Bones. Als die beiden an der Raumschiffhalde ankamen, sahen sie nur noch ein Raumschiff, das davonflog.


Kapitel 4:

Der Mord

Bones und Bodo rannten zurück zum Parkplatz, stiegen in ihr Raumschiff und flogen dem anderen Raumschiff hinterher. Als sie schon mehrere Stunden hinter dem anderen Raumschiff hergeflogen waren, zeigte der Radar ein Schiff hinter ihnen an. „Wer ist da?“, fragte Bones über das Funkgerät. „Hier ist Kommissar Leuthar von der Intergalaktischen Polizei. Nennen Sie ihren Namen und weshalb Sie hier im Weltraum sind.“ „Was wollen Sie denn hier?“, fragte Bones mit verärgert klingender Stimme und beschleunigte. „Gleich sind wir beim Saturn. Wenn wir dort in der Nebelwüste landen, können sie uns nicht finden“, meinte Bones an Bodo gewandt. „Außerdem verwirrt der Nebel auch die Radare von Raumschiffen. Das könnte aber auch ein Nachteil für uns sein, denn dann können wir Jake nicht weiterverfolgen.“

Sie landeten trotz Bones‘ Sorgen in der Nebelwüste und Bones fing an, sich über den unfähigen Kommissar aufzuregen: „Argh, wenn ich diesen Mistkerl in die Finger bekomme, werde ich ihm jede Gliedmaße einzeln ausreißen. Warum kümmert er sich nicht um Jake, anstatt sich um uns zu kümmern?“

Nach ungefähr einer Stunde waren sie sich sicher, dass der Kommissar die Verfolgung aufgegeben hatte und flogen selbst wieder los.

Als sie wieder bei sich zu Hause waren sahen sie, dass sie einen Brief bekommen hatten. Darin stand:

Lieber Mr. Bones,

Mein Wachhund, den ich mir angeschafft habe, wurde umgebracht. Ich habe keinen Schutz mehr. Bitte kommen Sie, sobald Sie können und helfen Sie mir!

gez. Gertrud von Kruchain

„Also – ich – denke – doch, – dass – wir – jetzt – gehen – werden“, sagte Bodo, nachdem auch er den Brief gelesen hatte. „Jaja pack deine Sachen. Ich denke, wir werden ein paar Tage dort übernachten, falls der Mörder wiederkommt.“ Also flogen sie wieder zum Mars.

Als sie bei der Villa angekommen waren, sahen sie im riesigen Garten einen kleinen Grabstein auf dem stand:

Hier liegt Wuffo.

Nach einem Moment der Stille zwischen ihnen gingen sie zur Villa und klingelten. Als die Tür geöffnet wurde, stand nicht Mrs. Kruchain vor ihnen, sondern Kommissar Leuthar. Der Kommissar wollte gerade etwas sagen, aber in diesem Moment kam Mrs. Kruchain an die Tür, erklärte dem Kommissar alles und bat Bones und Bodo hinein. „Sie hätten zuerst die Polizei informieren sollen anstatt diesen Hobbydetektiv!“, brauste der Kommissar sofort auf, bevor er ging. „Und Bones, ich komme wieder.“ „Tun sie das Leuthar“, erwiderte Bones. Kaum hatte der Kommissar das Haus verlassen, kam er wieder zurück. „Dort draußen steht ein maskierter Mann mit einem Raketen-Werfer… Und er zielt auf die Villa“, schrie er. Erschrocken sprang Mrs. Kruchain auf: „Aber Sie sind doch Polizist! Mit so etwas haben Sie doch täglich zu tun!“ „Ich – denke – statt – hier – zu – quatschen, – sollten – wir – lieber – schnell – das – Haus – verlassen“, sagte Bodo mit einem Blick auf die einstürzende Decke. Als Mrs. Kruchain das sah und hörte, schrie sie lauter denn je auf und rannte so schnell sie konnte zum Hinterausgang. Alle folgten ihr, bis auf Bodo. Er wurde verschüttet. „Das ist alles die Schuld von Jake dem Mörder“, schrie Bones. „Wir müssen ihn fangen und damit Bodo rächen!“ Mit vereinten Kräften fesselten sie den Dieb und pressten aus ihm heraus, wo der rote Diamant war. „I- I – Ich habe ihn an Trantüten-Joe verkauft. Er betreibt einen Schwarzmarkt auf dem Saturn“, stotterte er. Kommissar Leuthar machte sich sofort auf den Weg und wollte Jake den Mörder unterwegs noch in das Intergalaktische Gefängnis bringen. Nachdem er mit Jake abgeflogen war, wollte Bones versuchen, Bodo zwischen den Trümmern zu bergen. Denn er wollte ihm einen anständigen Abschied geben. Aber gerade als er den Schutthaufen, der einmal eine Villa gewesen war, besteigen wollte, schoss eine silberne Kugel auf ihn zu, blieb kurz vor ihm in der Luft stehen und nahm eine andere Gestalt an. Vor ihm stand …

„BODO!“, schrie Bones, nahm seinen Gefährten in den Arm und beide freuten sich.

Nach diesem aufregenden Abenteuer nahmen sich Bones und Bodo erst einmal vor, lange, sehr lange Ferien auf dem Uranus zu machen.


1Yingelwingels sind Tiere vom Planeten der Schurken und können Pfeile aus den Augen schießen. Sie sind so groß wie ein 6-jähriges Kind und sehen aus wie eine Maus.